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Indien: Alle 15 Minuten wird ein Mädchen vergewaltigt

Meldung vom 26.10.2016

Der Staat in Indien versagt in Bezug auf seine Frauen kläglich. Die neueste Polizeistatistik über Vergewaltigungen in Neu-Delhi ist eine Schande: Die Zahl der Opfer hat sich verdreifacht. Warum sind Frauen in Indien nach wie vor Freiwild? Und warum ist es so schwer, das zu ändern?

2012 starb eine indische Frau wenige Tage nach einer brutalen Gruppenvergewaltigung an ihren inneren Verletzungen. Sechs Männer hatten sie vergewaltigt. Der Fall ging um die Welt. Danach gingen die Frauen Indiens auf die Straße und forderten Maßnahmen vom Staat. Auch empörte Väter, Brüder und Ehemänner schlossen sich den Demonstrationen an. Die Regierung unternahm halbherzige Versuche, eine Verbesserung für die Lage der Frauen herbeizuführen. Unter anderem wurde das Strafmaß für Vergewaltiger hochgesetzt. Eine neue Polizeistatistik für Neu-Delhi beweist jedoch: Die Lage hat sich sogar noch verschlechtert.

Die Vergewaltigung der 23 Jahre alten Jyoti Singh Pandey in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi im Dezember 2012 ist zum Schreckensbild sexueller Gewalt in Indien geworden. Die junge Studentin wurde damals von sechs fremden Männern überwältigt. Ihr Freund, der sie nicht verteidigen konnte, musste mit ansehen, wie sie in einem Bus brutal vergewaltigt wurde. Nach der Schandtat folterten die Täter die Studentin noch mit einer Eisenstange. Als sie fertig waren, warfen die Männer die schwer verletzte Frau auf die Straße.

Zwei Wochen später starb Pandey an ihren inneren Verletzungen. Die vier volljährigen Täter erhielten nach einer langen Verschleppung des Prozesses die Todesstrafe, ein weiterer beging Selbstmord in seiner Zelle. Richter Yogesh Khanna wollte mit dem Urteil eine Abschreckung erreichen. Auch mahnte er mit seiner Entscheidung zum Umdenken: Frauen sind keine Objekte.

Im Durchschnitt werden in Neu-Delhi täglich zwölf Vergewaltigungen gemeldet. Doch die Dunkelziffer ist viel höher, denn viele Frauen trauen sich nicht, zur Polizei zu gehen. Im Inland wie auch im Ausland setzten sich Feministinnen in den vergangenen Jahren dafür ein, dass das Thema auf die politische Agenda gesetzt wurde. Doch alle bisher unternommenen Maßnahmen haben wenig gebracht: Die Zahl der Delikte hat sich verdreifacht.

In ganz Indien hat sich die Zahl der Vergewaltigungen seit 2003 verdoppelt. Im Schnitt wird alle 15 Minuten ein Mädchen oder eine junge Frau vergewaltigt. Doch auch die Zahl angezeigter Vergewaltigungen ist in Indien im vergangenen Jahr um ein Drittel auf 33.707 Fälle gestiegen, wie Erhebungen des indischen National Crime Records Bureau dokumentieren. Im Vergleich: 2012 wurden 24.923 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht, was einem Sexualverbrechen alle 21 Minuten entspricht.

Erst Anfang August 2016 wurde erneut ein 16-jähriges Mädchen vergewaltigt, mit Benzin übergossen und angezündet. Empörend ist auch, dass laut Statistik in 83 Prozent der Fälle die Täter einen Freispruch von der Justiz erhalten. Aber warum werden die Frauen in Indien seit Jahren dermaßen schlecht behandelt? Warum greifen die Maßnahmen des Staates so schlecht?

Die Kastengesellschaft fördert Diskriminierung. Die Ursache für viele Probleme ist das Kastensystem, nach dem die Menschen in höher- und minderwertige Gesellschaftsgruppen eingeordnet werden. Nur 22 Prozent der Inder stammen aus der oberen Kaste, aber ihnen gehört alle Entscheidungsgewalt im Land. Vor allem früher wurde den Männern dieser Kaste zugestanden, Mädchen und Frauen der unteren Kaste zu behandeln, wie sie wollten.

Frauen ohne Mann sind Freiwild. Aber auch Männer der unteren Kasten haben in der Vergangenheit Frauen attackiert. Vor allem unverheiratete Frauen sind leichte Beute. Laut Kastensystem wird der Wert einer Frau danach bemessen, wie viele Söhne sie in die Welt setzt. Auf dem Land herrscht diese Einstellung vor.

Es gibt kaum Frauenrechtsgruppen. Obwohl in der indischen Verfassung die Gleichheit von Mann und Frau verankert ist, wird diese weiterhin ignoriert. Das Fehlen einer starken Frauenrechtsbewegung erschwert jeglichen Fortschritt in dieser Angelegenheit. Viele der misshandelten Frauen gehen nicht zur Polizei, da beispielsweise eine Vergewaltigung die Familienehre beschmutzt. Den Opfern wird oft eine Mitschuld gegeben.

Ein starkes Stadt-Land-Gefälle sorgt für Aggressionen. Frauen, die in der Stadt aufgewachsen sind, haben ein modernes, freiheitliches Selbstbild. Sie verzichten auf traditionelle Kleidung und investieren in eine Berufskarriere. Einigen Männern aus ländlichen Regionen sind solche Frauen ein Dorn im Auge. Selbstbewusste Frauen bewirken bei ihnen Aggressionen. Nicht selten mündet diese Aggression in eine Gewalttat.

Frauenrechtlerinnen und Experten sind sich einig, dass eine Veränderung der Frauenrechtssituation nur durch mehr Bildung angestoßen werden kann. Doch das Kastensystem verhindert für einen Großteil der Frauen immer noch den Zugang zu Bildung. Vor allem in den Familien muss ein Umdenken einsetzen, damit traditionelle Frauenrollen korrigiert werden können. Eine wirksame Methode wäre auch, die Frauenquote in der Politik anzuheben. Denn während auf Dorfebene bereits Quotenregelungen angewandt werden, fehlen solche auf nationaler Ebene.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Focus Online“, focus.de

Schlagwörter: Indien, Frauen, Frauenrechte, Vergewaltigung, Neu-Delhi, Opfer, Kasten, Kastensystem, Diskriminierung, Justiz, Gerichte, Todesstrafe, Frauenquote